Ein typisches Szenario, das jedem Instandhalter bekannt vorkommt: Eine Maschine fällt aufgrund einer defekten Komponente aus und die Anlage muss so schnell wie möglich wieder in Gang gesetzt werden. Dies kann jedoch nur geschehen, wenn das richtige Ersatzteil auf Lager ist - und schnell gefunden werden kann.
Angesichts der enormen Vielfalt an Ersatz- und Verschleißteilen ist es physisch (in Bezug auf die Lagerfläche) und wirtschaftlich (in Bezug auf die Kosten für die Bestandsverwaltung) nicht möglich, alle Teile des Maschinenparks auf Lager zu halten. Daher kann es teuer und zeitaufwendig werden, wenn ein Ersatzteil auf einmal nicht verfügbar ist.
Vor welchen Herausforderungen stehen Instandhaltungsteams beim Ersatzteilmanagement? Welche neuen Prozesse und Tools unterstützen die MRO-Transformation?
Fünf altbekannte Herausforderungen im Ersatzteilmanagement
Heutzutage müssen sich Instandhaltungsfachleute auf oft fragmentierte, nicht-digitalisierte MRO-Systeme verlassen. Da Anlagenbetreiber oft mit mehreren Maschinenherstellern und Lieferanten zusammenarbeiten, wird die Intransparenz bezüglich gängiger Ersatzteile und deren Preise zu einer erheblichen Herausforderung. Diese Fragmentierung kann zu mehreren Konsequenzen führen, einschließlich hoher Maschinenstillstandszeiten, erhöhter Beschaffungskosten für (kurzfristige) Ersatzteilbestellungen und hoher Lagerbestände aufgrund der Anhäufung überschüssiger und 'für den Fall der Fälle' vorgehaltener Ersatzteile.
Die genannten Herausforderungen entstehen aus – oft bereits bekannten – Problemen:
- Schlechte Stammdatenqualität im ERP-System, einschließlich Duplikate, unvollständige Einträge und veraltete Teile, neben anderen fehlerhaften Daten, die im System gespeichert sind oder eingegeben werden.
- Hoher manueller Aufwand bei der Identifizierung oder Erstellung von Ersatzteilen führt zu zeitaufwendigen Aufgaben und menschlichen Fehlern.
- Fehlende Transparenz darüber, welche Teile im Produktionsverbund des Unternehmens verfügbar sind.
- Keine Transparenz über bestehende Beschaffungsalternativen und dadurch entstehende höhere Beschaffungskosten.
- Fehlende interne Prozessoptimierung, die über die Anschaffung von Tools hinausgeht.
Der Klassiker: Schlechte Stammdatenqualität im ERP-System
Angenommen, ein Ersatzteil wird aufgrund eines Maschinenausfalls oder der Ankündigung eines Ausfalls (Qualitätsproblem) benötigt. Um das Problem zu beheben, suchen Sie im ERP-System (z. B. SAP) nach dem benötigten Ersatzteil, können es aber nicht finden.
Dafür kann es verschiedene Gründe geben:
- Das Teil wurde noch nie im System angelegt und bestellt
- Das Teil wurde fehlerhaft angelegt z.B. Tippfehler in Artikelnummer oder Typenbezeichnung
- Die Suche an sich erfolgt fehlerhaft z. B. ein Dreher in der Artikelnummer oder ein Tippfehler
Traurig, aber wahr: Der Mensch ist bei vielen potenziellen Fehlerquellen die eigentlich Ursache. Der tatsächliche Engpass liegt oft ganz am Anfang: Bei der Anschaffung einer neuen Maschine werden zunächst nicht alle Ersatztteil-Informationen (Stückliste) in das ERP-System übertragen – entweder weil die manuelle Erstellung viel zu lange dauern würde oder weil nicht alle Listenpositionen relevant erachtet werden (z.B. Teile, die in der Regel nicht kaputt gehen).
Wenn das Teil jedoch falsch angelegt wird, kann dies zu Lagerbeständen mit Nullumschlag („zero turn“) führen, was ein unnötig überfülltes Lager mit Teilen zur Folge hat, die zwar physisch gelagert, aber nicht mehr nachgefragt werden.
Hoher manueller Aufwand
Der hohe manuelle Aufwand in der Ersatzteilverwaltung, sei es beim Anlegen neuer Materialien oder bei der Suche nach den benötigten Ersatzteilen im Falle einer Maschinenstörung, ist zeitaufwendig und fehleranfällig.
Eine durchschnittliche Ersatzteilliste enthält 650 Positionen, bei der eine manuelle Prüfung jeweils bis zu 5 Minuten pro Position dauern kann. Die Bearbeitung einer einzigen Liste kann bis zu zwei Wochen Zeit in Anspruch nehmen. Kein Wunder, das Ersatzteillistenprüfung keine beliebte Aufgabe in Instandhaltungsteams ist.
Andererseits kann eine nicht vollständige oder gar fehlende Bearbeitung dieser Listen dazu führen, dass bereits auf Lager befindliche Teile erneut gekauft, höhere Preise gezahlt und überschüssige Bestände angehäuft werden, obwohl das benötigte Ersatzteil möglicherweise bereits im Lager ist.
Keine Transparenz über schnelle und kostengünstige Bezugsquellen
Nach dem Anlegen eines Ersatzteils im System geht es im nächsten Schritt darum, eine kostengünstige und zuverlässige Bezugsquelle herauszufinden.
Die manuelle Suche über Internetplattformen wie Google, Bing oder Ebay ist zeitaufwändig und liefert überwiegend technische Produktinformationen des Händlers. Viele Teile, vor allem von Anlagenbauern, sind gar nicht recherchierbar, was die fehlende Datenverfügbarkeit unterstreicht.
Zudem kann man hier oft nicht von preiswerten Produkten ausgehen, da die am höchsten platzierten Anbieter am meisten für Anzeigen bezahlen und so die Suchergebnisse dominieren.
Mangel an standort- oder unternehmensübergreifender Zusammenarbeit bei Ersatzteilen
Auch der Mangel an standortübergreifenden Informationen über die Ersatzteilverfügbarkeit im Produktionsverbund ist ein großes Problem. Dieses Problem ist häufig auf IT-Barrieren zurückzuführen, die einen effektiven Informationsaustausch behindern.
Außerdem wird die Zusammenarbeit durch eine schlechte Qualität der Stammdaten aller am Produktionsnetzwerk beteiligten Akteure erschwert. Skalierungseffekte im Unternehmen können nicht realisiert werden, weil die Daten nicht zur Verfügung gestellt werden , nicht vergleichbar sind und manchmal sogar falsch sind.
Fehlende Prozesse
Natürlich wissen viele Hersteller, dass sie Probleme haben. Den meisten fehlt es allerdings an Erfahrung und Prozessen, um die Probleme wirksam zu lösen, die Software allein nicht beheben kann - diese Herausforderung ist bei IT-Projekten üblich. Daher sollte der Projektumfang über die Einführung neuer IT-Tools hinausgehen und auch die Entwicklung neuer Prozesse und deren Umsetzung durch Change Management umfassen.
In manchen Fällen entsteht eine Diskrepanz auf der Zuständigkeitsebene: zwischen den Entscheidungsträgern, die den Wert der Standardisierung und Bereinigung von Daten sehen, und den Instandhaltern und Technikern, die für die Implementierung verantwortlich sind. Eine erfolgreiche Softwareeinführung erfordert einen erheblichen manuellen Aufwand für die Mitarbeiter vor Ort. Unternehmen, die diesen Aufwand auf sich nehmen, profitieren langfristig davon, während Unternehmen, die dies nicht tun, auf lange Sicht oft mehr Ressourcen aufwenden müssen, um den Rückstand aufzuholen.
Die Integration mit den IT-Systemen der Kunden (APIs und ERP-Systemen), stellt oft eine Herausforderung dar. Viele Software-Lösungen bieten API-Anbindungen, diese müssen jedoch durch IT-Teams auf Kundenseite implementiert werden, was oft eine zusätzliche Hürde darstellt.
Digitale Lösungen treiben Innovation im Ersatzteilmanagement voran
Die gute Nachricht ist, dass es nicht so sein muss!
Softwarelösungen für das Ersatzteilmanagement können diese Herausforderungen direkt angehen, das Ersatzteilmanagement rationalisieren und die Effizienz steigern.
⚙️ Automatisiertes Stammdatenmanagement
Moderne Softwaretools können die Pflege von Stammdaten automatisieren und so die Genauigkeit sicherstellen, indem sie Fehler wie doppelte oder veraltete Einträge kontinuierlich erkennen und korrigieren. Durch die direkte Integration in die ERP-Systeme sorgen diese Lösungen für eine hohe Datenqualität, ohne dass manuelle Eingriffe erforderlich sind.
⚙️ Abgestimmte Ersatzteilbeschaffung
Mit zentralisierten Datenbanken, Softwarelösungen und dem Zugang zu einem Netzwerk von Zulieferern lässt sich die Beschaffung von Ersatzteilen deutlich schneller und effizienter gestalten. Sie bieten automatisierte Vergleiche von Lieferantenoptionen auf Grundlage von Preisen, Lieferzeiten und Zuverlässigkeit und ermöglichen so schnellere und kostengünstigere Beschaffungsentscheidungen.
⚙️ Standortübergreifende Bestandstransparenz
Softwarelösungen für Instandhaltung bieten einen einheitlichen Überblick über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen an mehreren Standorten, wodurch interne Silos aufgelöst und eine bessere Ressourcenzuweisung ermöglicht wird.
⚙️ Integration in bestehende Systeme
Diese Software-Tools sind so konzipiert, dass sie sich nahtlos in die bestehende IT-Infrastruktur, einschließlich ERP-Systemen, integrieren lassen. Flexible APIs ermöglichen einen reibungslosen Datenaustausch und sorgen dafür, dass die neue Software den laufenden Betrieb nicht stört, sondern verbessert. Diese Integration hilft Unternehmen, ihre bestehenden Investitionen zu nutzen und gleichzeitig effizientere Prozesse einzuführen.